Auf das Konzept des Kaizen bin ich das erste Mal durch Jan von Launch like a Rockstar aufmerksam geworden. Grob gesagt ist Kaizen ein Prozess der stetigen Verbesserung. Oder wie Jan es sinngemäß erklärte: „Man tut jeden Tag eine kleine Sache, um seinem Ziel näher zu kommen“.
Das Buch „Wie ein kleiner Schritt Ihr Leben verändert: Der Weg des Kaizen“ von Robert Maurer wollte ich schon lange lesen. Das Kaizen Konzept wird auch in anderen Büchern angesprochen. So beinhaltet zum Beispiel der Toyota Weg, der in dem Buch „Smarter, schneller, besser: Warum manche Menschen so viel erledigt bekommen – und andere nicht“ beschrieben wird in einigen Elementen der Kaizen Philosophie. Ich habe mich daher sehr gefreut, als der Finanzbuch Verlag mir das Buch von Robert Maurer für diesen Artikel als Rezensionsexemplar zur verfügung gestellt hat.
Kaizen ist für alle, die sowieso schon genug zu tun haben
Manchmal schrecken uns große Veränderungen ab. Es hört sich immer heldenhaft an, wenn jemand quasi über Nacht alles umschmeißt. Menschen rauchen die letzte Zigarette, schmeißen dann die Schachtel weg und ziehen es jetzt eiskalt durch. Andere treffen eine Entscheidung und dann bleiben sie dabei. Einfach dank Willensstärke und Disziplin.
In einer perfekten Welt würden wir einfach eine Entscheidung treffen und durchziehen. Aber surprise, surprise: die Welt ist nicht perfekt.
Es gibt überall Ablenkungen. Willensstärke ist wie ein Muskel. Eine endliche Ressource und irgendwann aufgebraucht, wenn wir zu viele Entscheidungen treffen. („Die Macht der Disziplin“ von Roy Baumeister ist dazu ein gutes Buch. 📖 Empfehlungslink zu Amazon.). Gerüchten zu Folge trägt Mark Zuckerberg deswegen jeden Tag die gleichen Klamotten. So reduziert er die Anzahl der Entscheidungen, die er pro Tag treffen muss und hat mehr Energie für die wirklich wichtigen Entscheidungen übrig.
Die Theorie, dass Willensstärke eine endliche Ressource ist, ist inzwischen von einigen Studien angezweifelt worden. So schreibt Carol Dweck in ihrem bekannten Buch „Selbstbild“, dass die Annahme Willensstärke sei eine endliche Ressource, nur auf Personen zuträfe, die daran glaubten.
Doch wie dem auch sei: der allgemeine Trend in der Persönlichkeitsentwicklung der letzten Jahre geht stark von Disziplin weg und hin zu Gewohnheiten.
Denn bei Gewohnheiten handelt es sich um einen smarteren, ressourcenschonenderen Weg um Veränderungen in das eigene Leben zu integrieren.
Jeden Tag ein kleines bisschen besser
In den vergangenen Jahren boomen Bücher über Gewohnheiten. Die 1%-Methode – Minimale Veränderung, maximale Wirkung (Englisch: Atomic Habits) von James Clear war für viele Menschen lebensverändernd. Mir persönlich hat auch „Die Macht der Gewohnheit“ von Charles Duhigg (📖 Empfehlungslink zu Amazon) unheimlich gut gefallen (ein anderes Buch von Charles Duhigg ist das oben bereits erwähnte „Smarter, schneller, besser: Warum manche Menschen so viel erledigt bekommen – und andere nicht“ 📖 Empfehlungslink zu Amazon).
Doch die 1% Methode bringt die Nähe zum Konzept des Kaizens noch etwas besser auf den Punkt:
Wenn du jeden Tag um 1% besser wirst, bist du nach einem Jahr um 31,18 mal besser. Wenn sich deine Leistung jeden Tag um 1% verschlechtert, hast du nach einem Jahr nur noch 3% deiner ursprünglichen Leistung.
So schreibt es zumindest James Clear in seinem Buch die 1% Methode.
Das Buch steht damit dem Compund Effect von Darren Hardy sehr Nahe.
Kleinigkeiten zählen
Beim Kaizen handelt es sich um einen Prozess der kontinuierlichen Verbesserung.
Statt nach großen Innovationen zu suchen, konzentrieren wir uns auf Kleinigkeiten, die wir ohne große Anstrengung verbessern können.
Wenn wir uns nicht aufraffen können, um jeden Tag eine Stunde Sport zu machen, beginnen wir mit winzigen Änderungen. Änderungen die so klein sind, dass sie in unserem Alltag kaum einen Unterschied machen. Vor allem aber sollte diese Umstellung so wenig Reibung erzeugen, dass wir keinen Druck haben. Wir sollen gar nicht darüber nachdenken müssen, ob wir dieses Vorhaben wirklich umsetzen, weil es uns so wenig Disziplin wie möglich abverlangen soll.
Im ersten Schritt ist das Ziel also keinesfalls, dass wir lebensverändernde Dinge tun. Sondern, dass sich unser Leben kaum merklich ändert. Wenn sich diese Gewohnheit dann fest in unserem Alltag verankert hat, können wir sie etwas ausbauen.
Kleinigkeiten stoßen das Große Ganze an
Vielleicht ist dem ein oder anderen von euch das Buch „The Tipping Point“ von Malcolm Gladwell bekannt. Gladwell beschreibt in seinem Buch unter anderem die katastrophalen Zustände im New York der späten 1980er und 1990er Jahre. Die New Yorker Polizei wurde der Kriminalität in der Stadt nicht Herr. Die Straßen waren unsicher, ständig passierten Gewaltverbrechen und höhere Polizeipräsenz und härteres Vorgehen konnte keine Verbesserungen hervorbringen.
Auch Robert Maurer greift dieses Phänomen auf. Wie auch Gladwell beschreibt er, dass die Wende durch einen unorthodoxen Ansatz eines Polizisten kam.
Die Grundlage zur Veränderung in New Yorks Kriminalitätsrate bildete die Broken Window Theory. Sie besagt, dass in Wohnvierteln, in denen bei verlassenen Häusern Fenster mit Steinen eingeworfen werden, bald auch andere Formen des Vandalismus stark zunehmen. Das kommt daher, dass die eingeworfenen Scheiben der verlassenen Häuser eine klare Botschaft senden: „Hier wird Vandalismus geduldet!“
Repariert man eingeworfene Fensterscheiben allerdings schnell wieder, bleibt der gesteigerte Vandalismus aus.
Diese Theorie wandte die New Yorker Polizei auf die U-Bahn an. Lange Zeit galt die New Yorker Subway als rechtsfreier Raum. Die Stationen waren voll mit Graffiti, Schwarzfahren ,indem man über das Drehkreuz sprang, wurde nicht geahnded, Vandalismus und Gewalt waren an der Tagesordnung.
Die Broken Window Theorie
Gemäß der Broken Window Theorie signalisierte dieses fehlende Interesse an den Vergehen, dass die Gesellschaft Kriminalität duldete.
Die Polizei ging hier in einem Prozess der stetigen Verbesserung vor. Graffiti wurden entfernt, Schwarzfahrer verhaftet und die Polizeipräsenz in der Subway erhöht. Nach und nach verbesserte sich die Situation und die U-Bahn wurde zu einem sicheren Ort. Doch womit niemand gerechnet hatte: Die Kriminalität in ganz New York ging zurück.
Das lag zum einen daran, dass Schwarzfahrer, die nun verhaftet wurden, häufig auch wegen schwerer Delikte gesucht wurden. Ein anderer Grund war aber, dass die Stadt nun eine klare Botschaft sendet: Kriminalität wird in New York nicht gedulded.
Dieses Vorgehen entspricht auf ganzer Linie dem Prozess des Kaizen.
Statt großer und einmaliger Hau-Ruck-Aktionen setzt man nach und nach kleine Schritte um, die das Gesamtbild jeden Tag ein kleines Bisschen besser machen.
Wie ein Dominostein stoßen diese kleinen Verbesserungen große Veränderungen an.
Für wen eignet sich das Buch?
Das Buch „Wie ein kleiner Schritt Ihr Leben verändert: Der Weg des Kaizen“ ist aus meiner Sicht entweder für Menschen geeignet, die im Bereich Produktivität und Selbstverbesserung noch wenig gelesen haben. Oder für Menschen, die bereits Die 1% Methode und Compound Effect gelesen haben UND noch tiefer einsteigen wollen.
Wer erst am Anfang seiner Reise im Bereich der stetigen Verbesserung und Gewohnheiten steht, kann mit dem Kaizen Konzept gut einsteigen. Gleichzeitig bietet das Buch einige Interessante Einblicke, die von den oben genannten Büchern nur teilweise abgedeckt werden.
Wenn du allerdings bereits die 1% Methode und Compound Effect gelesen hast und kein großes Interesse daran hast, deinen Blick auf kleine Gewohnheiten zu vertiefen, kannst du das Buch überspringen.
Danke an den Finanzbuchverlag für das Rezensionsexemplar.
Danke an Michael Küttner für die Fotos.
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