Jordan B. Peterson – 12 Rules for Life (Buchrezension)

Jordan B. Peterson hat in der letzten Zeit einen ziemlichen Hype erfahren. Das hat mich neugierig, aber auch skeptisch gemacht. Meine YouTube Startseite ist voll mit Videos von ihm und ich muss gestehen, dass ich trotz der penetranten Vorschläge von YouTube bisher noch nie ein Video Von ihm angeklickt habe.

Das Vorwort, das Peterson irgendwie auf ein Podest stellt, aber auch Neugierig macht, verstärkte diesen Eindruck.

Als Peterson dann in der Einleitung noch erzählte, dass er ein aktiver Nutzer von Quora (vergleichbar mit Gute Frage) ist, sprangen meine Vorurteile endgültig im Dreieck. Denn Quora stehe ich – nun sagen wir – skeptisch gegenüber.

Doch ich wurde positiv überrascht, denn nachdem das ganze Vorgeplänkel (das meiner Meinung nach tatsächlich hätte gekürzt werden können) endlich abgeschlossen ist, findet man ein extrem gutes Buch. 🔥

Hinter den 12 Regeln versteckt sich so viel mehr als das, was man im kurzen Namen der Regel vermuten würde. Jede Regel wird mit vielen Fakten und wissenschaftlichen Belegen unterfüttert. Besonders spannend fand ich hierbei Petersons philosophische Ausflüge in die Christliche Philosophie (ich benutze diesen Begriff ganz bewusst für Religionswissenschaft, weil es sich dabei meiner Meinung nach mehr um philosophische Abhandlungen, statt um tatsächliche Wissenschaft handelt 🙃) und die interdisziplinären Ausflüge in Evolutionsbiologie und Geschichte.

Wer für Bibelwissen gar nichts übrig hat, der wird an vielen Stellen, wenn Peterson auf entsprechende Bibelstellen verweist und seine Gesetze mit Zitaten aus der Bibel unterstreicht, genervt sein. Für mich persönlich war es sehr spannend, da ich mich gerne mit unterschiedlichen Interpretationsweisen dieser alten mythologischen Schriften beschäftige und das für mich vor allem einen philosophischen Wert hat. So bringt er die alttestamentarischen Opferungsgeschichten die man bspw. bei Kain und Abel, aber auch bei Abraham und seinem Sohn Isaak findet (und an etlichen anderen Stellen) in Verbindung mit dem Belohnungsaufschub. „Ich opfere jetzt etwas, das mir lieb ist um es in der Zukunft besser zu haben“ eine Idee, die nicht nur an Walter Mischels Marshmallowexperiment erinnert, sondern auch an die Phase „Kill your Darlings“ von William Faulkner, die Schriftsteller:innen ins Gedächtnis ruft, dass sie auf das verzichten müssen, was ihnen an ihrem Text am besten gefällt, wenn sie mit dem Text erfolgreich werden wollen.

An der ein oder anderen Stelle ist mir Petersons Attitüde als Universalgelehrter jedoch auch etwas auf die Nerven gegangen.

Trotzdem hat das Buch insgesamt wirklich überzeugt. Es enthält viele spannende Denkansätze und wenn man ein bisschen open minded ist und sich von den vielen Verweisen auf die christliche Lehre nicht triggern lässt, kann man von dem Buch sicher sehr profitieren. Besonders durch Petersons breit aufgestelltes Wissen zu anderen Wissenschaften, das weit über seine Vertrautheit mit dem „Sonntagsschul-Wissen“ hinausgeht, ist das Buch sehr abwechslungsreich und kurzweilig.


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