Tall Zira’a ist ein bedeutender archäologischer Fundort im Norden Jordaniens, nahe dem Dreiländereck zu Syrien und Israel. „Tel“, „Tell“ oder „Tall“ ist in vielen semitischen Sprachen das Wort für Berg oder Hügel. Bspw. heißt Tel Aviv auf Hebräisch so viel wie „Frühlingshügel“. Hebräisch und Arabisch sind nah miteinander verwandt und so überrascht es nicht, dass Tall auch im Arabischen die Bedeutung Hügel hat. Genauer gesagt bedeutet der Name „Tall Zira’a“ „Hügel der Landwirtschaft“ und verweist auf die fruchtbare Umgebung des Hügels.
Der Hügel kann auf eine lange Besiedlungsgeschichte zurückblicken. Seit einiger Zeit wird dort auch gegraben.
Das Gebiet um Tall Zir’a wird seit 2001 im Rahmen des Gadara Region Project archäologisch erforscht. Dabei konnten die Ausgrabungen wertvolle Einblicke in die Siedlungsgeschichte liefern. Und es wurden zahlreiche Artefakte gefunden. Darunter vorallem Keramik, aber auch Skarabäen und Rollsiegel. auch Metallgegenstände und Glas wurden gefunden.
Und zum Grabungsprojekt wurden Publikationen veröffentlicht. Eine davon ist ein Bildband „Tall Zirā‘a
The Gadara Region Project (2001-2011)“, der mir als PDF-Format vorliegt. Danke an das Gütersloher Verlagshaus für das Rezensionsexemplar.
Die Publikation ist für nicht Archäologen schon etwas speziell. Man kann das Buch wohl am ehesten mit einem Bildband vergleichen, in dem alle Funde fein säuberlich katalogisiert wurden.
Das Buch führt vor allem in die Methologie der Ausgrabung ein. Schwerpunkte sind unter anderem wissenschaftliche Methoden wie Geomagnetik und Photogrammetrie sowie die experimentelle Archäologie.
Die Methodologie der Ausgrabungen am Tall Zira’a wird im Dokument ausführlich beschrieben und umfasst mehrere wissenschaftliche Ansätze:
- Geophysikalische Untersuchungen:
- Einsatz von Geoelektrik und Tomographie (2D und 3D) zur Erstellung von Bodenprofilen.
- Geomagnetische Messungen, insbesondere auf dem Plateau des Hügels, um archäologische Strukturen wie einen vermuteten Turm zu identifizieren.
- Photogrammetrie:
- Erstellung von dreidimensionalen Rekonstruktionen basierend auf fotografischen Aufnahmen.
- Diese Methode ermöglicht eine präzise Dokumentation der Ausgrabungen und unterstützt die architektonische Rekonstruktion.
- Archaeometrische Analysen:
- Chemische und mineralogische Untersuchungen von Keramik, Glas und Metallfunden.
- Analyse von Rohmaterialien, wie Glasgranulat und Glasperlen, um Hinweise auf lokale Produktion und Verarbeitung zu erhalten.
- Farbanalysen der Keramik durch speziell entwickelte Software.
- Experimentelle Archäologie:
- Rekonstruktion traditioneller Öfen (Tabun) und Keramikbrennöfen, um antike Produktionsmethoden zu verstehen.
- Diese Experimente trugen zur Interpretation der technologischen Entwicklung bei.
- Landschaftsarchäologie:
- Untersuchung der räumlichen und funktionalen Beziehungen zwischen Siedlungen, Straßen und anderen Strukturen mittels GIS und Fernerkundung.
- Ziel ist ein besseres Verständnis der Umweltbedingungen, in denen sich der Tall Zira’a über die Jahrhunderte entwickelte.
- Stratigraphie und Chronologie:
- Einsatz eines Raster-Systems zur genauen Dokumentation der Grabungsbereiche.
- Radiokarbondatierung zur Bestimmung der Altersstruktur von Siedlungsschichten.
Man lernt eine Menge über die Region und die Geschichte der Besiedlung, beginnend in der frühen Bronzezeit. Allerdings darf man sich nichts vormachen: der wissenschaftliche Schreibstil kann herausfordernd sein, zu mal das Buch komplett auf englisch verfasst ist.
Über das Grabungsprojekt findet ihr auf Tallziraa.de auch eine Menge Informationen.
Übrigens habe ich während meiner Recherche auch mal ChatGPT gefragt, wie er sich den Tall Zira’a vorstellt und ich finde seinen Vorschlag gar nicht mal so schlecht:
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